Tiere sind in ihrer Natur oft von einer tiefen Empfindsamkeit geprägt, die wir Menschen nur schwer vollständig begreifen können. So sind ihre Verhaltensweisen oftmals ein Ausdruck ihrer Gefühle, ihrer Bedürfnisse und ihrer Bindungen. Ein freudig aufgeregter Golden Retriever kann es kaum erwarten, bis sein Herrchen von der Arbeit nach Hause kommt. Diese Freude zeigt er mit einem wilden Schwanzwedeln. Hühner rennen freudig gackernd auf ihren Besitzer zu, wenn dieser zur langersehnten Fütterung kommt. Doch ebenso wie Freude und Zuneigung drücken die Tiere auch ihre Angst, ihr Leid und ihre Qualen aus. Tiere, die unter Tierquälerei leiden, sei es physisch oder psychisch, verändern ihre Verhaltensweise dramatisch. So spiegeln sich der tiefe Seelenschmerz und die Traumatisierung im Verhalten wider.
Es ist traurig und erschütternd, wie Tiere unter Misshandlung leiden. Ihre Augen, einst mit Neugier und Vertrauen gefüllt, verwandeln sich in einen leeren, verängstigten Blick. Ihr sonst so verspieltes, neugieriges und selbstbewusstes Verhalten, das einst von Freude und Lebendigkeit geprägt war, verschwindet. Ihr Leben ist von Angst und Entfremdung überschattet. Doch nicht immer ist es einfach, Tierquälerei zu erkennen, und noch schwieriger ist es, etwas dagegen zu tun. Es braucht nicht nur Wissen, sondern auch Mitgefühl und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Die stillen Hilferufe: Wie sich Tierquälerei zeigt
Tierquälerei muss nicht immer laut und offensichtlich sein. Denn viele Formen von Misshandlung geschehen hinter verschlossenen Türen oder in dunklen Ecken der Gesellschaft – dort, wo Tiere als Objekte und nicht als liebenswerte Lebewesen behandelt werden. Wir möchten den unschuldigen Geschöpfen Hoffnung und ein tierfaires Leben bieten, und Sie können dazu beitragen. Ihnen liegt das Tierwohl ebenso am Herzen, aber Sie wissen nicht, wie Sie schlechte Tierhaltung, Tierquälerei und Leid neben den offensichtlichen Anzeichen, wie Wunden, erkennen können? Wir möchten Sie dabei unterstützen und geben Ihnen eine Übersicht der wichtigsten Hinweise auf die stillen Hilferufe.
Verhaltensänderungen
Ein großes Anzeichen, das auf alle Tiere zutrifft, die unter Quälerei leiden, ist die veränderte Verhaltensweise. Egal, ob es sich um die Kuh auf der Weide, den Hund an der Leine oder die Katze im Vorgarten handelt – gequälte Tiere verändern ihr Verhalten. Dieses kann jedoch ganz unterschiedlich ausfallen. Manche von ihnen ziehen sich ängstlich zurück, andere wiederum werden aggressiv. Ein Tier, das plötzlich in der Nähe von Menschen oder anderen Tieren ängstlich oder aggressiv wird, könnte in der Vergangenheit schlecht behandelt worden sein. Doch oftmals ist es der stille Schrei, der auf ihr Leid aufmerksam macht. So ist der Rückzug und das Absondern eines Herdentiers wie Schafe oder Kühe von der eigenen Herde ein Anzeichen für Misshandlung und Leid. Dabei muss die Gewalt nicht vom Besitzer ausgehen, sondern kann auch innerhalb der Gruppe geschehen.
Verhaltensänderung deuten und Gründe für das Verhalten:
- Zurückziehen und Isolieren: Das Zurückziehen aus einer Gruppe oder das zurückhaltende Verhalten einer sonst neugierigen Katze deutet auf Vertrauensverlust oder Schmerzen hin. Tiere ziehen sich zurück und meiden den Kontakt zu Menschen oder anderen Tieren.
- Anhänglichkeit und Aufmerksamkeitssuche: Ebenso wie das extreme Zurückziehen des Tieres, ist auch die starke Suche nach Aufmerksamkeit ein Hinweis auf Vernachlässigung und ein gebrochenes Herz in der Vergangenheit. Vernachlässigung erkennt man auch an einem ungesunden Körperbau oder einer mangelnden Pflege des Fells.
- Übermäßiges Jaulen, Hecheln, Winseln: Dies kann ein Ausdruck von Angst und Schmerz sein. Natürlich gibt es Tiere, die ohnehin „lauter“ sind als andere, aber ein plötzlich vermehrtes Winseln oder Jaulen ist ein Hilferuf und ein Zeichen der Not. Heftiges Hecheln kann ebenfalls von wildem Herumtoben stammen, wenn das Tier ausgepowert und glücklich ist. Fehlen jedoch Anzeichen für solche Aktivitäten, deutet es auf Panik hin.
- Veränderte Körperhaltung: Das sonst so majestätische Pferd, die eitle Katze oder der stolze Hund lässt plötzlich den Kopf hängen, zieht den Schwanz ein oder läuft geduckt. Dies ist ein Zeichen dafür, dass dem Tier etwas zugestoßen ist und es Angst vor einer Gefahr hat. Die geduckte Haltung ist der Versuch, sich selbst unsichtbar zu machen und dem Gefahrenpotenzial zu entfliehen.
- Übermäßiges Lecken an einer Stelle: Wenn ein Tier sich immer wieder an einer bestimmten Stelle leckt oder sich selbst beißt, bis es blutet, kann dies der Versuch sein, Stress abzubauen. Häufiges Lecken an einer Stelle deutet zudem auf Schmerzen in diesem Bereich hin. Das verletzte Tier versucht, den Schmerz „wegzulecken“.
- Hospitalismus: Ihnen sind Tiere aufgefallen, die die gleichen Bewegungen machen oder ständig im Kreis laufen? Dieses Symptom tritt häufig bei Tieren auf, die in zu kleinen Stallungen gehalten werden. Solche Auffälligkeiten können auch bei Tieren im Zoo auffallen, wie etwa das Weben des Kopfes bei Elefanten, Eseln, Pferden oder das Kopfdrehen bei Giraffen. Bei Pferden wird Langeweile oder nicht-artgerechte Haltung durch das sogenannte Koppen (Anspannen der Halsmuskulatur und das Einziehen der Luft) oder durch dauerhaftes Scharren mit den Hufen auffällig. Eine weitere, häufig belächelte Verhaltensauffälligkeit bei Hunden ist das Jagen des eigenen Schwanzes. Sieht zwar im ersten Moment lustig aus, doch meistens verbirgt sich dahinter eine ernste Bedeutung. Bei gefiederten Tieren drückt sich die Verhaltensänderung u. a. durch das unaufhörliche Rupfen der Federn aus.
- Innere Unruhe, ständige Wachsamkeit: Wenn ein Tier nicht zur Ruhe kommt und fast schon hyperaktiv wirkt, ist das ein Anzeichen für Misshandlung. Das Tier musste lernen, immer aufmerksam und wachsam zu sein, um dem Leid zu entkommen. Diese innere Unruhe ist zudem ein Ausdruck von Stress.
Haltungsbedingungen
Ein trauriges Indiz für Tierquälerei ist die Art und Weise, wie Tiere gehalten werden. Leben sie in einem dreckigen, engen Käfig ohne Rückzugsmöglichkeiten oder Artgenossen? Haben sie Zugang zu frischem Wasser oder Futter? Leider leiden viele Tiere unter den Bedingungen, wie sie gehalten werden. Auch das Leben in ständiger Dunkelheit, Enge oder in einem stickigen Stall sind seelische Misshandlungen.
Tiere, die extrem überfordert oder in ihrer natürlichen Entfaltung eingeschränkt werden, leiden ebenfalls. Hier spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Pferd handelt, das stundenlang ohne Pause arbeiten muss (z. B. als Fiaker), oder um einen Hund, der über Stunden hinweg an einer kurzen Leine angekettet ist. Auch Kühe, die nur im Stall gehalten werden, leiden unter der Enge. Die Folgen sind immer dieselben: Stress, Angst und körperliche Erschöpfung. Vernachlässigung, wie etwa mangelhafte Pflege, ist ein visueller Hinweis auf das Leid der Tiere. So kann auch das ständige Laufen im Kreis oder monotone, wiederkehrende Bewegungen ein Anzeichen für schlechte Haltung sein.
Offensichtliche Anzeichen von Misshandlung
Die offensichtlichen Anzeichen von Tierleid sind ein erschütternder Blick in die zerbrochene Seele eines Geschöpfes, das unschuldig und hilflos ist. Zitternde Körper, leere Augen und verhärtete Gesichter – diese Anzeichen spiegeln den seelischen Schmerz der vergangenen Qualen wider. Das Verhalten offenbart die tiefe Verzweiflung und das Trauma, das ein Tier erleiden musste. Doch es gibt auch offensichtliche Anzeichen, abgesehen von den Verhaltensänderungen der Tiere.
- Tränende Augen: Ein häufiges Symptom für Leid sind tränende Augen. Diese können auf Infektionen, Verletzungen, Allergien oder allgemeine Krankheiten wie Katzenschnupfen oder das Canine-Distemper-Virus hinweisen.
- Laufende Nase: Wie bei uns Menschen kann auch eine laufende Nase bei Tieren ein Symptom für Krankheiten wie Erkältungen oder virale Infektionen sein.
- Blutige Ausflüsse: Blutige Ausflüsse, sei es aus den Augen, der Nase oder anderen Körperöffnungen, sind immer ein alarmierendes Zeichen und sollten sofort ärztlich untersucht werden.
- Appetitverlust/Gewichtsverlust oder extreme Gewichtszunahme: Stress kann bei Tieren zu Appetitlosigkeit führen, was in dramatischem Gewichtsverlust resultieren kann. Im extremen Gegenteil führt Stress zu einer Art „Frustfressen“, was zu gefährlicher Gewichtszunahme führen kann.
- Hinken oder Bewegungsprobleme: Tiere, die unter Schmerzen leiden, bewegen sich weniger oder hinken. Gerade der Bewegungsmangel birgt gesundheitliche Risiken, wie Gewichtszunahme.
- Extremer Geruch: Ein starker, unangenehmer Körpergeruch kann auf gesundheitliche Probleme hinweisen, z. B. Infektionen, Zahnerkrankungen oder Nieren- und Leberprobleme.
- Atmungsprobleme: Schwierigkeiten beim Atmen oder ungleichmäßiger Atemrhythmus können auf Atemwegsinfektionen, Herzkrankheiten oder Vergiftungen hinweisen.
Was können Sie gegen Tierquälerei tun?
Die Gründe für Tierquälerei sind vielfältig und oft komplex. Das Leid der Tiere wird nicht immer bewusst herbeigeführt. Oftmals sind Unwissenheit und Gleichgültigkeit gegenüber den Bedürfnissen und Rechten von Tieren der Auslöser für ihre Qualen. Einige Menschen sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst, und bei vielen fehlt das Verständnis für tiergerechte Tierhaltung. In extremen Fällen kann auch Sadismus oder Kontrollzwang eine Rolle spielen.
ACHTUNG: Es sind nicht nur die Behörden oder Tierschutzorganisationen, die etwas gegen Tierquälerei unternehmen können. Denn wir alle können einen Unterschied machen und für eine tiergerechte Zukunft sorgen.
Seien Sie wachsam: Wenn Sie ein Tier in Not sehen oder den Verdacht auf Misshandlung haben, sollten Sie nicht zögern. Suchen Sie Hilfe. Selbst wenn Sie ein Tier auf der Weide entdecken, das eines der genannten Symptome aufweist oder mit dem Bein im Zaun steckt – melden Sie das Geschehen. Wenden Sie sich an einen Tierarzt, die Polizei oder geben Sie uns Bescheid, damit wir mit den Behörden schnellstmöglich handeln können.
Bildung und Aufklärung: Helfen Sie mit, Ihre Mitmenschen auf das Leid der Tiere zu sensibilisieren. Verdeutlichen Sie die Rechte von Tieren und informieren Sie Ihre Bekannten über die Zeichen von Misshandlung. Werden somit Teil eines großen Netzwerks, das sich für eine tiergerechte Zukunft einsetzt.
Aktive Hilfe: Wenn Sie die Möglichkeit haben, ein Tier zu adoptieren oder in einem Tierheim zu helfen, nutzen Sie diese. Geben Sie diesen Tieren eine Chance, sich von ihrer Vergangenheit zu erholen und ein neues Zuhause zu finden. Zumindest aber sollten sie in ihrer Notunterkunft Liebe erfahren.
Seien Sie Vorbild: Indem Sie sich selbst für den respektvollen Umgang mit Tieren einsetzen, sei es durch den Verzicht auf Produkte aus Massentierhaltung oder die Unterstützung von Tierschutzorganisationen, setzen Sie ein Zeichen. Schärfen Sie die Sinne der Gesellschaft durch Ihre tiergerechten Handlungen.
Werden Sie Tierfair-Detektiv: Haben Sie ein Tier entdeckt, das Hilfe benötigt oder einen schlechten Eindruck auf Sie macht? Für Tiere, die bereits Leid erfahren haben, kann Ihre Entscheidung lebensrettend sein. Melden Sie uns den Missstand und das Tierleid, sodass wir aktiv werden können.