Gut Wulksfelde: Einsatz für Tierwohl von Anfang an

Es freut uns, Ihnen einen Hof vorstellen zu dürfen, bei dem das Tierwohl an erster Stelle steht. Das Gut Wulksfelde besteht als landwirtschaftlicher Biolandbetrieb mittlerweile seit mehr als 35 Jahren. Unter der kritischen Beobachtung der Hamburger Bevölkerung wurde das Gut mit einer ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft aufgebaut – immer mit dem Fokus auf artgerechter Tierhaltung. Zum Gut gehören noch ein Hofladen, ein Lieferservice, eine Gärtnerei und Gutsbäckerei sowie das Bio-Restaurant Gutsküche.

Schon von Beginn an fanden die ersten Rinder ihren Platz auf dem Hof. Zunächst waren sie die einzigen Tiere, bis im Jahr 1996 die ersten zehn Schweine auf das Gut kamen. Heute fühlen sich rund 180 Schweine auf dem schönen Anwesen pudelwohl. Wie sollte es auch anders sein, denn das Tierwohl steht bei diesem Hof ganz oben auf der Agenda. Die Schweine genießen in einer sauguten Gruppe ein stressfreies Leben und profitieren von einer hochwertigen Futtergrundlage, die aus hofeigenem Getreide mit Ackerbohnen besteht. Dabei achten die Tiere selbst auf Ordnung – gefressen, geschlafen und gekotet wird stets an separaten Plätzen. Viel Raum, um mal so 

Ferkel auf dem Gut Wulksfelde
(c) Sven Schomburg Fotografie

richtig die Sau rauszulassen und den natürlichen Wühltrieb, also die Beschäftigung mit der Futtersuche auszuleben, ist natürlich ebenfalls vorhanden. Neben den Schweinen führen rund 250 Rinder der Rassen Deutsch Angus und Limousin ein glückliches Leben. Auf einer weitläufigen Weide stehen sie in einer Gruppe beieinander und lassen sich die Sonne auf den Rücken scheinen. Nach einem kleinen Nickerchen schmeckt das saftige Gras, das ihnen zur Verfügung steht, gleich doppelt so gut.

Hühner auf dem Gut Wulksfelde
(c) Sven Schomburg Fotografie

Mit rund 3.600 Hennen und 60 Hähnen ist in den mobilen Hühnerställen einiges los. Dort können die Tiere täglich frische Luft genießen, nach Würmern, Samen und Körnern picken sowie munter drauflosgackern. In der Nacht wird es zum Schutz vor Räubern im geschlossenen Stall gemütlich. Selbstverständlich kümmert sich das Gut Wulksfelde als Bioland-Betrieb auch um die Bruderhähne – diese wachsen auf Partnerhöfen auf.

Wie tief das Tierwohl in der Philosophie des Gut Wulksfelde verankert ist, zeigt sich auch im hofeigenen Tiergarten. Dort bekommen schon die kleinen Besucher*innen ein Gefühl für artgerechte Tierhaltung. Spielerisch vermittelt das Gut Wulksfelde dort Wissen über Ziegen, Schafe, Kaninchen, Meerschweinchen und Hühner. Diese freuen sich über den Besuch von Familien – und ganz sicher auch über die eine oder andere Streicheleinheit.

Es freut uns, von der Chefin aller Tiere, Ulrike Schreiber, mehr über die Philosophie des Guts sowie über die Herausforderungen und Freuden im Alltag zu erfahren. Bereits seit vielen Jahren kümmert sich die Diplom-Agraringenieurin – vom kleinsten Meerschweinchen bis zum größten Bullen – mit Herz und Verstand um das Wohlergehen der Tiere.

Tierfair.de: Frau Schreiber, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihr Engagement für Tiere. Tierwohl steht bei Ihnen an erster Stelle – was bedeutet das für Sie ganz konkret im Alltag?

Frau Schreiber: Tiere gehören für mich persönlich zur Landwirtschaft, zu meiner Philosophie – aber auch zur Philosophie des Gut Wulksfelde. Wir benötigen den Dünger, den uns die Tiere liefern, um unsere Landwirtschaft betreiben zu können. Die Tiere sind sozusagen unsere Stickstofflieferanten. Deshalb ist es für mich auch in Ordnung, dass wir Tiere uns unterordnen und sie – wenn sie möglichst artgerecht gehalten wurden – auch verarbeiten. Dann gehören sie für mich zum Kreislauf dazu. Ich habe große Achtung vor den Tieren, aber in meiner Arbeit auf dem Hof bin ich dafür verantwortlich zu entscheiden, welches Tier zum Schlachter kommt. Das ist für mich eine große Verantwortung. Ich bedanke mich auch bei den Tieren, die den Hof verlassen, weil sie mir mein Weiterleben sichern. Wir auf dem Hof geben uns die allergrößte Mühe, die Tiere gesund und artgerecht zu halten.

Tierfair.de: Schweine, Rinder, Hühner – jedes Tier hat seine eigenen Bedürfnisse. Wie gelingt es Ihnen, all diesen gerecht zu werden?

Frau Schreiber: Unsere Schweine haben eine abwechslungsreiche Umgebung, da sie es lieben, mit ihrem Rüssel die Umgebung zu erkunden und sich ihr Futter selbst zu suchen. Dass sich die Schweine bei uns wohlfühlen, lässt sich leicht belegen. Schauen Sie doch mal auf die kommerzielle Schweinehaltung, wo den Tieren durch die abartige Praxis der Schwanz gekürzt wird, um sie der Stallhaltung anzupassen. Warum macht man das? Damit Schweine, die zu wenig Beschäftigung haben, nicht auf die Idee kommen, die Schwänze anderer Tiere als Spielzeug zu sehen und darauf herumzubeißen. Das ist bei uns gar nicht nötig, da unsere Tiere genügend Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten haben, um

Rinder und Hühner auf dem Gut Wulksfelde
(c) Sven Schomburg Fotografie

ihrem Trieb nachzugehen. Diese Praxis ist kompletter Quatsch – Schweine benötigen lediglich genügend Platz. Bei uns leben keine anderen Schweine als bei einem kommerziellen Bauern – das heißt, wir halten keine besonders alte oder vom Aussterben bedrohte Rasse. Aber die Aufzucht ist bei uns ökologisch und artgerecht.

Alle unsere Tiere kommen an die frische Luft – ehrlich gesagt, verstehe ich gar nicht, wie man Tiere nicht an der frischen Luft halten kann. Ich selbst habe während meiner Ausbildung in einem Stall gearbeitet, in dem Tiere mit Klimaanlage, aber ohne frische Luft gehalten wurden. Das war auch für mich unangenehm. Und ich finde: Wenn es für den Menschen nicht schön ist – wie kann es dann den Tieren dort gut gehen? Bei unseren Schweinen ist es so, dass sie jederzeit entscheiden können, ob sie sich lieber innen oder draußen aufhalten möchten. Wenn sie draußen sein wollen, können sie sich zudem überlegen, ob sie überdacht sein wollen oder nicht. Lediglich zum Ausmisten müssen alle Schweine in den Stall.

Bei unseren Rindern ist es so, dass sie im Winter in den Stall kommen. Dort ist es für uns einfacher, die Kälber und Mutterkühe zu kontrollieren. Außerdem sind bei uns die Gegebenheiten so, dass, auch wenn Kühe Frost und Kälte gut vertragen, der matschige Untergrund und der Regen ihnen zu schaffen machen. Im Stall – mit genügend Platz und gutem Futter – fühlen sie sich im Winter dann doch deutlich wohler und müssen auch dort nicht um Futter kämpfen. Alle unsere Ställe entsprechen den Bioland-Richtlinien. Das heißt: ausreichend sauberes Wasser und Futter, Bürsten und gute Pflege sind immer vorhanden.

Unsere Tiere kommen überwiegend zu regionalen Schlachtern. Meistens fahren wir sie – nachdem wir sie möglichst stressfrei und mit allergrößter Geduld auf die Hänger verladen haben – selbst dorthin. Ich will nicht sagen, dass es immer stressfrei ist – das ist kaum möglich, da Tiere sehr sensibel auf Licht- oder Umgebungswechsel reagieren.

Tierfair.de: Können Sie uns ein wenig über die mobile Hühnerhaltung erzählen – welche Vorteile bringt das den Tieren?

Hühner vor einem Hühnerwagen auf dem Gut Wulksfelde
(c) Gut Wulksfelde

Frau Schreiber: Bei unseren Hühnern geht es uns vor allem darum, ihnen ein Leben mit ausreichend Futter, Platz und frischer Luft zu bieten. Uns ist auch wichtig, dass die Luke, durch die die Hühner ins Freie gelangen, groß genug ist. Wenn die Öffnung zu klein ist, trauen sich manche Hühner nicht an den anderen vorbei nach draußen. In der Sommerzeit versetzen wir die mobilen Ställe regelmäßig auf Flächen mit frischem Grün, um den Auslauf attraktiv zu machen. Hühner lieben es, frisches Gras zu fressen und in der Erde nach Würmern und Körnchen zu picken. Da der Stall den Hühnern Schutz bietet, halten sie sich gerne in dessen Nähe auf. Deshalb versetzen wir den Stall immer wieder auf neue Grünflächen. Die Hühner dürfen immer raus ans Tageslicht – es sei denn, es dient ihrem Schutz, zum Beispiel bei starkem Regen, Sturm oder heftigem Wind.

Tierfair.de: Wie wichtig ist es Ihnen, dass junge Besucher*innen durch den direkten Kontakt zu den Tieren im Streichelzoo ein Bewusstsein für artgerechte Haltung entwickeln?

Frau Schreiber: Mit unserem Tiergarten befinden wir uns ein wenig in der Zwickmühle, da diese Tiere dort nicht zum Schlachter kommen. Ich finde es schade, dass Besucher durch die Auflagen des Veterinäramts nicht in die Ställe dürfen. Wir selbst müssen Gummistiefel und Overall tragen. Da Kinder heutzutage kaum noch in Kontakt mit Tieren kommen und oft gar nicht wissen, wie Schweine, Rinder oder Hühner leben, ermöglichen wir ihnen zumindest einen Blick von außen. Besucher können über einen Zaun schauen und die Schweine beim Wühlen und der Futtersuche beobachten. Eine Ziege oder ein Schaf zu streicheln, es mit einem Grashalm zu füttern und dem Tier dabei in die Augen zu schauen – das ist dann doch etwas ganz anderes. Das stärkt die Bindung und das Bewusstsein für artgerechte Tierhaltung.

Ein Kind streichelt eine Ziege im Tiergarten auf dem Gut Wulksfelde
(c) Gut Wulksfelde

Tierfair.de: Was wünschen Sie sich ganz allgemein für die Tierhaltung der Zukunft?

Frau Schreiber: Schön ist, dass die Politik bereits erste Schritte zur Förderung artgerechter Haltung unternommen hat. Ein Beispiel: In unserem Schweinestall haben wir andere Tränken installiert. Schweine trinken sehr gerne aus Gefäßen, in denen sich Pfützen bilden. Früher hatten wir klassische Trinknippel, bei denen die Tiere mit dem Maul drücken mussten, um Wasser zu bekommen. Aber Schweine trinken lieber aus offenen Behältern. Durch Fördermittel haben wir uns entschlossen, den Umbau für das Tierwohl umzusetzen – auch wenn das für uns mehr Arbeit bedeutet. Wir müssen z. B. darauf achten, dass das Wasser sauber bleibt, was manchmal bedeutet, dass wir Mist mit der Hand herausholen. Ich wünsche mir mehr solcher Förderungen – sodass der Stall dem Tier angepasst werden kann und nicht das Tier dem Stall.

Was ich mir vom Verbraucher wünsche, ist, nicht nur Forderungen nach Tierschutz zu stellen, sondern diese auch konsequent zu leben. Es gibt viele Forderungen: Tiere brauchen mehr Platz, sollen auf die Wiese etc. Auf dem Eierkarton ist dann auch immer ein Huhn auf einer grünen Wiese abgebildet – weil es schön aussieht. Doch in kommerziellen Betrieben sieht die Realität oft anders aus. Wichtig ist mir, dass Verbraucher konsequent handeln – und dann eben auch akzeptieren, dass ein Ei von einem Huhn auf der Wiese teurer ist. Vielleicht wird ein Huhn vom Fuchs geholt, vielleicht ist die Arbeit auf der Wiese aufwendiger – all das muss mitbezahlt werden.

Ein gutes Beispiel ist die ethisch richtige und sinnvolle Forderung nach dem Ende des Kükentötens bei der Bruderhahn-Initiative. Wir unterstützen das und setzen es gerne um. Aber wenn ich aus Sicht der Biohöfe spreche: Wenn man am Ende die Bruderhähne nicht verkauft bekommt, bleibt der Betrieb auf den Kosten sitzen. Das hat dann einen bitteren Beigeschmack.

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