Die Allermeisten werden sie kennen – die Bilder der Geisternetze, in denen sich hilflose Tiere verfangen und qualvoll verendeten. Nach Schätzungen des WWF schwimmen 50.000 Tonnen dieser tödlichen Fallen in den großen Gewässern der Erde. Geisternetze bilden einen großen Bestandteil des Plastikmülls in den Ozeanen. Der Kampf gegen die herrenlosen Fangnetze gestaltet sich schwierig, da sie von der Wasseroberfläche aus unsichtbar sind. Mithilfe von Sonardaten und der Zusammenarbeit mit den Unternehmen Microsoft und Accenture startete die Umweltschutzorganisation WWF ein Projekt, das die Suche deutlich erleichtern soll.
Künstliche Intelligenz (KI): Unterstützung in der Suche nach Geisternetzen
Etwa ein Drittel des Mülls, der in den Ozeanen schwimmt, besteht aus verlorenen Fangnetzen. Über mehrere Jahrhunderte treiben sie im Wasser und werden zur tödlichen Gefahr für Fische, Säugetiere und Seevögel. Verlorene Fischernetze sollen in Zukunft mithilfe von Künstlicher Intelligenz effizienter in den Ozeanen aufgespürt werden. Wie die Umweltschutzorganisation WWF berichtet, kann die neue Technologie Sonar-Aufnahmen vom Meeresboden automatisch auswerten und die Stellen markieren, an denen sich Geisternetze befinden.

Um diese technische Hilfe umsetzen zu können, arbeitet der WWF mit den Unternehmen Accenture und Microsoft zusammen. In einer gemeinsamen Kooperation erschufen sie die KI-unterstützte Plattform GhostNetZero.ai. Mithilfe der App lassen sich von Forschungsinstituten, Behörden oder Windkraftanlagen gespendete Sonardaten automatisch auswerten. Diese Aufnahmen werden ohnehin bereits zur Sicherung des Schiffsverkehrs oder für Windkraftanlagen erstellt.
Geisternetze – die unsichtbare Gefahr
Was sind eigentlich Geisternetze? Geisternetze bezeichnet man alle Fischereigeräte, die von Schiffen ins Meer gelangen. Dabei handelt es sich meist nicht um vollständige Netze, die im Ozean treiben, sondern um Reste von Netzen, Leinen, Taue oder Köderhaken. Auch Reusen und andere Fangkäfige fallen unter diesen Begriff. Nach Berechnungen australischer Forscher landen etwa zwei Prozent der weltweit benutzten Fischereiausrüstung in den Ozeanen. Darunter fallen etwa zehntausende Quadratkilometer Stellnetze und Ringwadennetze sowie Hunderttausende Kilometer Langleinen. Der WWF berichtet von 50.000 Tonnen Fangnetzen, die „zur tödlichen Falle für Fische, Seevögel, Schildkröten und Meeressäuger“ werden. Auch Korallen, die von vielen Fischarten als Fortpflanzungsort genutzt werden, können durch die Netze Schaden erleiden.
Neben der Gefahr für Tiere, sich in den Netzen zu verheddern, sind sie ein großer Faktor im Bereich der Meeresverschmutzung. Fischernetze, die heutzutage überwiegend aus synthetischen Stoffen wie Nylon, Polyethylen und Polypropylen gefertigt sind, verrotten nicht, sondern zersetzen sich über einen Zeitraum von 400 bis 600 Jahren in gesundheitsgefährdendes Mikroplastik.

Hohe Trefferquote bei der Suche nach Geisternetzen
Wie Gabriele Dederer, Forschungstaucherin und Projektleiterin für Geisternetze des WWF Deutschland, erklärt, seien Ausrüstungsmaterialien wie Fangnetze ein erheblicher Teil des Plastikmülls in den Ozeanen. Schwierig gestalte sich jedoch die Ortung der Netze, da sie unter der Wasseroberfläche unsichtbar sind. Nach eigenen Angaben barg der WWF mit eigenen Sonardaten 26 Tonnen Geisternetze aus der Ostsee. Die von der KI gesammelten und gewonnenen Informationen sollen bei dem Projekt, an dem sich örtliche Fischer beteiligen, ein präziseres und effektiveres Arbeiten ermöglichen.
„Für andere Länder wollen wir beispielgebend sein“, so Dederer, und erklärte, dass es bereits viel Techniktransfer sowie gemeinsame Projekte gebe. Die Projektleiterin zeigt sich überzeugt davon, dass die Kombination aus Sonardaten und KI-Erkennung die bisher manuelle Suche erheblich verbessern kann. „Weltweit wird der Meeresboden kartiert, und es gibt enorme Datenmengen“, erklärt sie. „Wenn diese gezielt analysiert werden, könnten viele weitere Objekte entdeckt werden.“ Die KI erreicht bereits jetzt eine Treffergenauigkeit von 90 Prozent. Momentan wird sie weiter optimiert, um beispielsweise Unterseekabel von Netzen zu unterscheiden.